03
Mär
2017
In den medien Das Ifri in den Medien
Hans STARK, Fabian VIRCHOW, zitiert von Cécile Barbière auf euractiv.de

AfD und Front National zunehmend auf einer Wellenlänge

Seit dem Rechtsruck innerhalb der Alternative für Deutschland (AfD) nähert sich die Partei immer weiter an Frankreichs rechtsextremen Front National (FN) an. Jetzt scheinen beide Bewegungen [über einige Ideen, so wie z.B.] ihre Russlandpolitik zusammenzufinden. 

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AfD und Front National waren sich lange Zeit nicht geheuer. Der eigentliche Wendepunkt kam jedoch schon vor einem Jahr, als sich im April 2016 der EU-Abgeordnete, Marcus Pretzell (AfD) der EU-Fraktion des Front National anschloss, der Partei Europa der Nationen und der Freiheit (ENF).

Noch zuvor waren er und sechs weitere AfD-Kollegen als Mitglied der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) vor die Wahl gestellt worden, entweder die EU-Fraktion zu verlassen oder der immer weiter nach rechts abgleitenden AfD zu entsagen. Das Ergebnis: Fünf von sieben Abgeordneten entschieden sich gegen den Verbleib in der AfD und für die EKR unter der Leitung der britischen Tories – einer von ihnen Parteivater Bernd Lucke. Beatrix von Storch wechselte zur Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD), gegründet vom britischen Europaskeptiker Nigel Farage, dem der FN „zu sozialistisch“ ist.

„Die AfD hat sich lange vom FN distanziert und gesagt, er sei ihr zu rechts“, erklärt Fabian Virchow, Professor in Düsseldorf und Experte zum Thema Rechtsextremismus in Deutschland. „Heutzutage jedoch trifft sich die Co-Parteivorsitzende Frauke Petry mit Marine Le Pen und ein AfD-Abgeordneter ist Mitglied in ihrer EU-Fraktion.“

Auf den Parteitagen der relativ jungen Alternative für Deutschland sorgte die Frage der Annäherung an den FN stets für Uneinigkeit. Seit ihrer Gründung vor vier Jahren hat sich ihre Haltung jedoch zunehmend weiter nach rechts verlagert. Gleichzeitig verfestigte sich ihre Position in der politischen Landschaft der Bundesrepublik. „Die AfD radikalisiert sich zunehmend und wird dabei immer etablierter“, bestätigt auch Hans Stark, Cerfa-Generalsekretär und Dozent an der Universität Paris-Sorbonne.

„2013 erreichte die AfD in den Wahlen  4,7 Prozent und konnte somit nicht in den Bundestag einziehen. Ein Jahr später bei den Europawahlen kam sie auf sieben Prozent und erhielt somit sieben Sitze. 2016 dann feierte die Bewegung mehrere Erfolge in den Landtagswahlen“, erklärt Fabian Virchow bei einer Konferenz zum Thema AfD, ausgerichtet vom Französisches Institut für internationale Beziehungen (Ifri) in Paris. „Aktuellen Umfragen zufolge wird die Partei, auch wenn die Stimmzahlen derzeit leicht durchhängen, bei den nächsten Bundestagswahlen auf etwas weniger als zehn Prozent kommen. Damit wären ihr 70 bis 100 Abgeordnetenplätze sicher.“

Viel Gemeinsam

Eine der politischen Hauptachsen der AfD ist die konstante Kritik an der EU. „Ihr zufolge sollte der Beitrag Deutschlands für bestimmte Kosten, die sich aus der EU-Mitgliedschaft ergeben, nicht aufgewendet werden, zum Beispiel nicht für die Rettung Griechenlands“, so der Professor. Wie auch der Front National lehne sie eine Multikulti-Gesellschaft und religiöse Vielfalt ab – insbesondere indem sie Vorurteile gegen Muslime schüre. Außerdem wolle sie die traditionellen Geschlechterrollen innerhalb der Familie verteidigen, betont Virchow.

Auch wirtschaftlich scheinen beide Parteien auf einer Wellenlänge zu liegen, vor allem was die Abschaffung des Euros angeht. Beide versprechen außerdem, sich für die Arbeiterschicht einzusetzen.

Berlin-Paris-Moskau

„Die beiden Parteien haben viel gemeinsam, sowohl in ihren politischen Programmen als auch in ihrer Weltanschauung: Renationalisierung, Rückkehr zum Staat, Ablehnung der Türkei, Flüchtlingsfeindlichkeit, Souveränität des Nationalstaates und die Beziehung zu Russland“, fasst Virchow zusammen. Die Frage nach dem Verhältnis zu Moskau könnte die beiden rechtsextremen Parteien von ihren Interessen her noch mehr aufeinander zu treiben. Beide stammen aus einflussreichen EU-Staaten und wollen eine Paris-Berlin-Moskau-Achse etablieren, meint der Düsseldorfer.

„Viele AfD-Mitglieder sind gegen die Russland-Sanktionen. Sie halten die Politik von Wladimir Putin für simplen Anti-Amerikanismus“ erklärt er. Eine Theorie, die auch der FN verteidigt. Er ist für eine Annäherung an Moskau und übt regelmäßig harsche Kritik an den Sanktionen, die die EU nach der Krim-Annexion verhängt hatte. Moskau sei lediglich dem Willen des Volkes gefolgt, argumentiert der FN.

Auch für den Front National scheint eine engere Beziehung zur AfD inzwischen interessanter als noch vor wenigen Jahren. Bisher hegte er stets ein gutes Verhältnis mit anderen rechtsextremen Parteien in Europa – darunter die Österreichische FPÖ und die niederländische PVV – die bereits über eine bedeutende Wählerschaft verfügten und historisch tiefer verankert sind. „Die AfD hat sich zu einem interessanten Partner für den FN entwickelt“, so Virchow. „Auf beiden Seiten wächst das Interesse an einer Zusammenarbeit. Das heißt, dass man bald einige grundlegenden Differenzen hinter sich lassen wird.“

Aus dem Französischen von Jule Zenker.

Hier finden Sie den Artikel auf der euractiv Website.

Schlüsselwörter
AfD FN Populismus Rechtsextremismus in Deutschland Deutschland Frankreich