Publié le 27/01/2022

Paul MAURICE, zitiert von Nadia Pantel in der Süddeutsche Zeitung

Politiker wie Anne Hidalgo, Jean-Luc Mélenchon und Christiane Taubira haben allein kaum eine Chance bei den Wahlen. Zusammen schon eher. Wenn da nicht die Egos wären. Frankreichs Linke und die Lust an der Selbstverzwergung. 

[...]

 

Wenn Frankreichs Sozialisten sich Mut machen wollen, dann reden sie jetzt über Olaf Scholz
 
Und dann beginnt Hidalgo mit etwas, das man sonst eher von Emmanuel Macron kennt: einer Analyse der aktuellen Lage, als wäre sie eher Beobachterin als Akteurin. Hidalgo erzählt von der "Explosion der politischen Landschaft" seit 2017. Davon, wie schwer sich ihre Partei damit tat, sich wieder zusammenzuraufen, nachdem die Präsidentschaft des Sozialisten François Hollande glücklos endete. "Es gab 2017 kein sozialdemokratisches Angebot mehr, hinter dem sich eine Mehrheit der Franzosen sammeln konnte", sagt Hidalgo. "Wir haben versucht, uns der radikaleren Linken und den Grünen anzunähern, und unseren inneren Kompass verloren."
Die Finanzkrise 2008 habe die Sozialdemokratie gezwungen, einen kritischeren Blick auf die unternehmerfreundliche Politik von Tony Blair und Gerhard Schröder zu werfen. Doch anders als in Spanien, Schweden oder Deutschland habe die französische Sozialdemokratie es nicht geschafft, sich wieder um die Arbeiter- und Mittelklasse zu bemühen. "Wir haben Verspätung", sagt Hidalgo. Es klingt demütig. Dann fügt sie hinzu: "In unserem Präsidialsystem kann man nicht auf Koalitionen bauen. Man kann nicht mit Minderheitenpositionen gewinnen. Weder Mélenchon noch die Grünen könnten eine Stichwahl für sich entscheiden. Das kann nur ich."
 
Und dann positioniert sie sich dort, wo sie Olaf Scholz sieht: in der Mitte. "Olaf Scholz hat gewonnen, weil er für Stabilität steht", sagt Hidalgo. "Und die Franzosen wissen, dass das bei mir genauso ist."
Wenn Frankreichs Sozialisten sich Mut machen wollen, verweisen sie immer auf Olaf Scholz. An den habe ja auch keiner geglaubt. Wartet auf Hidalgo bei der Présidentielle also ihr Scholz-Moment? Immerhin ist sie als 2020 wiedergewählte Bürgermeisterin von Paris genau bei den Themen besonders durchsetzungsstark, die eine links-grüne, urbane Wählerschaft bewegen. Fahrrad fahren, Bäume pflanzen, bessere Luft in der Stadt.
 
  • Für Paul Maurice, einen Experten für deutsch-französische Vergleiche beim Ifri, Frankreichs Thinktank für internationale Politik, ist die Frage falschrum gestellt. "Frankreich wartet nicht auf den Scholz-Moment. Deutschland erlebt mit der Ampel-Koalition viel eher seinen Macron-Moment", sagt Maurice.

Wirtschaftlich liberal, grüne Ambitionen, die in der Praxis verkümmern, und progressive Vorstellungen von Familie, Zusammenleben, Selbstbestimmung: Für diese Kombination braucht man in Frankreich kein Bündnis aus FDP, Grünen und SPD. Das kriegt man mit Macron als Ein-Mann-Ampel.

 

[...]

 

>> Lesen Sie den Artikel auf der Süddeutsche Zeitung-Webseite [1] <<