Publié le 01/07/2021

Paul MAURICE

Paris bereitet sich auf eine mögliche Regierungsbeteiligung der Grünen in Deutschland vor. Fantasien und die Hoffnung auf Erneuerung prägen Frankreichs Erwartungen. Und – man ist etwas beunruhigt.

In Frankreich hegt man hohe Erwartungen an Deutschland, die jedoch durchaus paradox und manchmal sogar schizophren sein können. Einerseits gibt es immer noch die historisch geprägte Angst vor einem allzu mächtigen und arroganten Deutschland. Andererseits wachsen die Erwartungen an ein konsequenteres Engagement des deutschen Partners, der gerade in der Außen-, Europa- oder Verteidigungspolitik ot als zu zurückhaltend angesehen wird. Mit Blick auf dieses Paradoxon hat Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrer zaghaften Politik das richtige Gleichgewicht geschaffen und französische Ängste beruhigt.

Die Bundestagswahl am 26. September beunruhigt die Franzosen, nicht nur wegen des Abschieds von Angela Merkel, sondern auch wegen der schlechten Wahlprognosen für die CDU/CSU. In politischen und diplomatischen Kreisen in Paris fürchtet man den wachsenden Einfluss der Grünen. Sollten sie stärkste Partei werden – oder, schlimmer noch, eine Regierungsmehrheit ohne die Union zustande kommen – wäre das keine gute Entwicklung. Das aus französischer Sicht schlimmste Szenario ist eine rot-rot-grüne Koalition, da diese alle in der Ära Merkel begonnenen Projekte – auch die zaghaftesten – infrage stellen würde.

 

 

Paul Maurice [1] ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Studienkomitee für deutsch-französische Beziehungen (Cerfa) am Ifri.

 

Dieser Artikel wurde in der Zeitschrift Internationale Politik, Ausgabe 4/2021, "Verwandlungsbedarf" - Juli/August [2] (S. 35-39) veröffentlicht. 

 

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