19
Nov
2021
In den medien Das Ifri in den Medien
Paul MAURICE, zitiert von Mathieu Pollet und Oliver Noyan in Euractiv

Deutsch-Französisches Tandem unter Scholz: Viele Kontinuitäten, manche Knackpunkte

Zwar wird das zukünftige Deutsch-Französische Verhältnis unter einer Regierung Scholz weitestgehend von Kontinuität geprägt sein, einige Knackpunkte gibt es aber trotzdem.

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Mit dem Abtreten von Bundeskanzlerin Angela Merkel von der politischen Bühne, die in ihrer 16-jährigen Kanzlerschaft vier verschiedene französische Präsidenten überdauert hat, steht ihr wahrscheinlicher Nachfolger, Olaf Scholz, vor der Herausforderung, in ihre Fußstapfen treten zu müssen.

Da Scholz bereits vier Jahre lang Finanzminister in Deutschland war und intensiv mit Frankreich zusammengearbeitet hat, vor allem beim europäischen Wiederaufbaufonds, gehen Experten davon aus, dass die Beziehungen zwischen den beiden Ländern weiterhin gut sein werden.

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Unterschiedliche Auffassungen über die Beziehung
  • Es stimmt, dass wir in Frankreich immer von dem deutsch-französischen ‚Paar‘ sprechen, während wir in Deutschland eher von den deutsch-französischen Beziehungen oder der deutsch-französischen Partnerschaft sprechen“, erklärte Paul Maurice, Forscher am Französischen Instituts für Internationale Beziehungen (IFRI), gegenüber EURACTIV.

Christophe Arend, französischer Abgeordneter und Vorsitzender der deutsch-französischen Freundschaftsgruppe in der Nationalversammlung, sagte EURACTIV: „Lieben heißt nicht, sich gegenseitig anzusehen, sondern gemeinsam in die gleiche Richtung zu schauen.“ In diesem Fall, für eine „europäische Zukunft“, sei sich das Paar „bewusst, dass es mit den anderen europäischen Partnern sein muss“, fügte er hinzu.

 
  • Das Interesse des deutsch-französischen Paares in der gegenwärtigen Situation ist, dass es in der Lage ist, eine Synthese zu schaffen“, wobei Frankreich „eher empfänglich für die Fragen Südeuropas“ und Deutschland „eher empfänglich für die sparsamen Vier [Österreich, Dänemark, die Niederlande und Schweden]“ ist. Dies mache es einfacher, die mitteleuropäischen Länder wie Polen an Bord zu halten, fügte Paul Maurice hinzu.
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Kontinuitäten
 

Die Ministerien und Parlamente der beiden Länder arbeiten schon seit langem zusammen. Zur Vertiefung dieser interinstitutionellen Beziehungen wurde 2019 eine deutsch-französische parlamentarische Versammlung gegründet.

  • Die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene habe auch während der Corona-Pandemie gut funktioniert, so Paul Maurice.

Experten sind der Meinung, dass die Beziehungen von Kontinuität geprägt sein werden, vor allem da Scholz als Merkels Vizekanzler in Paris bereits einiges an Bekanntheit erlangt hat.

Ganz zu schweigen davon, dass Scholz „ein Sozialdemokrat ist, eher vom rechten Flügel seiner Partei“, was ihn für Paris „ziemlich beruhigend“ mache, so Paul Maurice. „Er ist eine besonnene, vernünftige Person“, fügte Maillard hinzu.

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Knackpunkt
 

In jedem Fall könnte es einige Knackpunkte geben, ganz abgesehen davon, dass Scholz eine Dreierkoalition anführen wird, deren Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind.

Erstens ist da die seit langem bestehende Frage der fiskalischen Verantwortung. Während Frankreich auf eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts drängt, hat Deutschland immer gezögert, mehr finanzpolitische Flexibilität zuzulassen.

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Eine Meinungsverschiedenheit würde sich nicht so sehr auf die Notwendigkeit von mehr strategischer Autonomie beziehen, sondern eher auf die Form, die sie annehmen würde, insbesondere wenn es um die Entwicklung gemeinsamer europäischer Streitkräfte geht.
  • Wir haben völlig unterschiedliche strategische Kulturen“, sagte Paul Maurice, während Maillard anmerkte, dass „es in Deutschland ein großer Schock war, als Hollande beschloss, [im Januar 2013] in Mali zu intervenieren, ohne dass das Parlament automatisch einberufen wurde“.

 

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