Parteiensystem im Wandel – Piraten künftig an Bord?

Die deutsche Parteienlandschaft war über lange Zeiten stabil und berechenbar, doch dies scheint sich zu ändern. Die traditionell großen Parteien haben immer mehr Mühe Wähler an sich zu binden und neuen Parteien gelingt es immer häufiger bei Landtags- und Kommunalwahlen Mandate zu erlangen. Dieser Wandel kann Regierungsbildungen in Zukunft erheblich beeinflussen, da es traditionellen Koalitionen wie rot-grün oder schwarz-gelb schwerer fällt Mehrheiten zu bilden. Unter diesen neuen Akteuren hat, seit Herbst 2011, die Piratenpartei die Hauptrolle, da sie als einziger neuer Akteur eine Chance hat, in den Bundestag einzuziehen.
Die Wählerschaft konnte durch Fragen der Netzpolitik mobilisiert werden, vor allen Dingen hat die Partei jedoch eine hohe Anzahl an Protestwählern angezogen, die sie jetzt längerfristig an sich binden muss. Dank einer polyzentrischen und hybridischen Architektur, zeigen sich die Piraten im Rahmen von Wahlkampagnen effizient, aber danach professionell chaotisch. Gewählte Abgeordnete üben ein völlig freies Mandat aus und Entscheidungen werden ausschließlich auf Vollversammlungen getroffen. Problematisch scheint dies jedoch bei der Bildung eines umfassenden Parteiprogramms zu sein und eine Teilnahme an einer Mehrheitsbildung wird verhindert. Bei zunehmender Wählerkraft stellt sich nun die Frage, welche Rolle die Piratenpartei bei zukünftigen Regierungsbildungen spielen kann. Obwohl sie bisher noch nicht als Koalitionspartner in Frage kam und ihre Struktur sie nicht als Regierungspartei empfiehlt, kann sie durch weitere Wahlerfolge das Stimmenverhältnis verändern und die Bildung altbekannter Koalitionen deutlich erschweren.
Stephan Klecha ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Demokratieforschung der Georg-August-Universität Göttingen. Gegenwärtig arbeitet er an einer Studie zur Piratenpartei, die von der Otto-Brenner-Stiftung gefördert wird.
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